Blog von Walter Lackermayr & dem Forum der WuidnBuam (und Madln natürlich auch)




Freitag, 18. Mai 2018

Erto

"Wo oder was zum Henker ist Erto??" wird es den Meisten jetzt gerade durch den Kopf geschossen sein.

Erto, das ist da, wo die Erto-Menschen wohnen.
Erto ist steil, steiler geht's nicht
Erto ist wie die Halle, nur dass in Erto nie umgeschraubt wird
Erto war Manolos erste 8a
Erto ist auch Vajont: Am 9.10.1963 verursachte ein Bergsturz in den Stausee eine Flutwelle, die sich nach Longarone ergoss und die Stadt dem Erdboden gleich machte.  2.000 Tote innerhalb von 8 Minuten. Über die Hälfte der Leichen sollte nie mehr gefunden werden.

Für uns Kletterer ist Erto einfach ein Klettergebiet, und zwar eines der besten. Ich habe ja schon einmal etwas über Erto geschrieben: Berni im Pip-Crash

Immer, wenn ich nach Erto fahren will und Kletterpartner dafür suche, bekomme ich zu Antwort: Da ist's so schwer, da ist's so steil, da komm ich nix nauf....
Am Ende bin ich dann immer mit den selben Verdächtigen dort. Schade eigentlich. Denn Erto ist viel mehr als "nur" steil.

Klar gibt es den "Zoo", "The Big", wie die Locals den steilen Sektor auch nennen. Aber es gibt auch den Sektor "No Big". Dieser wurde in letzten Jahren tip top mit neuen Bolts und Umlenkern saniert. Es locken Routen von 4a bis 6b, die Absicherung ist vorbildlich und auch für ängstliche Anfänger geeignet.

Die Kletterei im No Big ist von geneigt über senkrecht bis überhängend, für jeden Geschmack ist etwas da. Das hat sich in Italien herum gesprochen, und so bevölkern an den Wochenenden auch mal italienische Kurse das Gelände. Zum Glück ist die Auswahl an Routen recht groß, sie sind von 12 Meter kurz bis 35 Meter echt lang.

Mit dem Bus kann man eine Minute vom Riegel entfernt gemütlich stehen. Es gibt direkt am Riegel auch einen Parkplatz mit Toiletten, frischem Wasser, und wer einen Schlauch mitnimmt kann sogar kostenlos duschen.



Natürlich ist der steile Sektor das High-Light. Aber selbst hier gibt es einige Routen zum ausprobieren des steilen Geländes, die nicht ganz so abartig schwer sind. Wie Halle eben, da gibt's ja auch steile Fünfer und Sechser durch die Dächer.

Vorwiegend trifft man in der Arena Typen ohne T-Shirt.

Aber es gibt halt auch noch Menschen, die nicht nur steil klettern wollen. Und -glaubt's es oder nicht- selbst die haben in der Arena ihren Spaß! Selbst wenn sie nicht klettern: Man kann den anderen beim Versagen zuschauen und sich köstlich drüber amüsieren oder einfach selbst mal ein paar harte Züge probieren! Wer lernt, am Versagen Spaß zu haben, der kommt hier aus dem Spaß-haben gar nicht mehr raus.


Es gibt also keinen Grund, nicht nach Erto zum Klettern zu fahren. Aber wenn man denn schon mal da ist, sollte man wenigsten rudimentär informiert sein, was hier eigentlich mal passiert ist: Die Geschichte ist schnell erzählt und läuft unter dem Namen Vajont: Das Tal bekam eine Staumauer und das Flüsschen wurde zu einem beachtlichen Stausee angestaut. Am 09. Oktober 1963 ist nun ein Großteil der gegenüber liegenden Bergflanke in den See gerutscht. Rumms hat's g'macht. Weil nun die Masse an Berg in den (sehr, sehr tiefen) See hinein ist musste das Wasser auf der anderen Seite hinauf. Das gab eine 150 Meter (!!) hohe Flutwelle. Die ist zuerst gegenüber den Berg hinauf, hat das Örtchen Casso dem Erdboden gleich gemacht und dann über die Staumauer ins Tal hinunter. Unten im Tal der Fluß Piave mit dem Städtchen Longarone. Alle schlafen schon. Drei Minuten, nachdem der Berg oben abgerutscht war, ist von Longarone nichts mehr übrig. 2.000 Menschenleben ausgelöscht. Die Madonna aus der Kirche von Longarone wurde später über 100 km weiter südlich in der Piavemündung am Meer gefunden. Auch das ist Erto.
Ich war mal mit meiner ehemaligen Jungmannschaft zum Trainieren in Erto. Bevor die Jungs da geklettert sind, wussten sie, was dort passiert war. Mir ist das wichtig, und es gehört auch zur Ausbildung junger Menschen dazu. Selbst wenn's "nur" um's Klettern geht.

Facts Erto:

Anfahrt über Brenner, Pustertal, Cortina, Tai di Cadore ins Piavetal nach Süden und bei Longarone links hinauf nach Erto.
Alternativ kann man (z.B. von Arco aus) über Trento das Val Sugana fahren.

Versorgung: Es gibt eine kleine Bar, die am Wochende und im Sommer auch unter der Woche geöffnet hat. Bier ohne Ende, Essen auch, und zwar gut. Ansonsten gibt es alles, was das Herz begehrt unten in Longarone: Supermarkt, Pizzarien, Kletterladen, Bank.
Führer: Stefan Wagenhals Lobo Edition Dolomiten Süd hat ein Auswahl. Versante Sud "Sul Confine" ital/engl gibt's. z.B. beim  hier Klettern-Shop







Keine Kommentare: